Entspannung! Das Gegenteil von Erregung.
Was wir Menschen an Hundeverhalten sehen können, ist längst nicht alles, was in unserem Hund vorgeht. Bevor es für uns Menschen sichtbar wird, finden auf für uns unsichtbarer Ebene Veränderung statt, die Verhalten
beeinflussen: Erregungsniveau und Emotionen. Effektives Training bedeutet, dass wir an all diesen Ebenen der Verhaltensentstehung arbeiten. Die erste Ebene in der Verhaltensentstehung ist die Erregung. Und an der können
wir – wie an den anderen – arbeiten!
Sehr viele Verhaltensweisen, die wir Menschen als problematisch empfinden, resultieren aus einem zu hohen Erregungsniveau oder werden dadurch verschlimmert. Je höher das Erregungsniveau, desto eher wird der Hund auf Umweltreize reagieren und desto stärker fallen mögliche emotionale und Verhaltensreaktionen aus. Je höher die Erregung, desto eher reagiert der Hund mit tief verankerten Verhaltensmuster, die nicht im bewussten und steuerbaren Teil des Gehirns stattfinden.
Das heißt, je höher die Erregung, desto weniger bekommt unser Hund überhaupt noch mit, dass wir da sind. Er nimmt es tatsächlich kaum wahr! Lernen findet in diesem Zustand kaum statt. Das Gehirn ist mit eventuell überlebenswichtigen Dingen beschäftigt und hat keine Kapazitäten frei, Neues zu speichern.
Erregung vs. Entspannung
Der Gegenspieler von Erregung ist Entspannung, sie senkt das Erregungsniveau. Entspannung ist ein körperlicher Zustand, der trainierbar ist!
Früh übt sich...
Wenn wir in der Lage sind, seine Erregung zu senken, kann unser Hund besser mit uns zusammenarbeiten und lernen. Es gibt immer wieder Situationen im Alltag geben, in denen ein Hund sehr aufgeregt ist und schlecht oder gar nicht mehr auf uns reagieren kann. Diese hohe Erregung kann verschiedene Ursachen haben: Angst, Aggression, eine sehr große Ablenkung und Stress, um einige Beispiele zu nennen.
Genau hier setzen wir mit der Entspannung an. Können wir den Hund in diesen Situationen dazu bringen, sich zumindest minimal zu entspannen, wird er wieder ansprechbar, denn die Erregung wird gesenkt. Unser Hund kommt wieder im bewussten Teil seines Gehirns an, kann uns wahrnehmen und erlerntes Verhalten zeigen. Lernen kann wieder stattfinden.
Das tolle an Entspannung ist, dieser Zustand ist trainierbar: Er kann mittels klassischer Konditionierung an ein bestimmtes Signal gekoppelt werden und ist dadurch abrufbar. Das bedeutet, das Signal und der Zustand müssen eng verknüpft werden. Anschließend ist die Entspannung durch dieses Signal auslösbar!
Mögliche Signale können sein:
Es gibt zwei Möglichkeiten, ein Entspannungssignal aufzubauen.
Passiver Aufbau konditionierte Entspannung
Crispel mit Halstuch als konditioniertes Entspannungssignal.
Zum einen kann es immer dann gegeben werden, wenn der Hund sich gerade von selbst entspannt. Zum Beispiel wenn er sich hinlegt und kurz vor dem Einschlafen. Immer wenn der Hund beginnt ein entspanntes Verhalten zu zeigen, wird das Wort gesagt. Gleichzeitig kann ein Halstuch oder eine Decke – evtl. mit einem aufgetragenen Duft – in seine Nähe gelegt werden. Dadurch verknüpfen wir ein optisches und evtl. geruchliches Signal. Das Halstuch können wir, nach einigen Wiederholungen, dem Hund immer dann anziehen, wenn wir sehen, dass er jeden Moment entspanntes Verhalten zeigen wird. Es wird ein zusätzliches, taktiles Signal. Je öfter dieses Signal mit Entspannung verbunden wird, desto besser. Idealerweise sollte das Signal immer gegeben werden, bevor der Hund sich entspannt.
Aktiver Aufbau konditionierte Entspannung
Blaues Handtuch als optisches Entspannungssignal und Massage zum Entspannen.
Bei der anderen Variante kann die Entspannung direkt herbeigeführt werden, z.B. durch langsames Streicheln, massieren oder einfach Körperkontakt. Angenehme Berührungen aktivieren im Nervensystem den Teil, der für Ruhe und Erholung zuständig ist. Sie steigern den Spiegel des „Kuschelhormons“ Oxytocin. Die Stresshormonausschüttung wird vermindert, die Blutzufuhr zu den Muskeln wird verringert, der Blutzuckerspiegel sinkt, die Herzfrequenz wird langsamer – der Körper entspannt sich! Das gilt übrigens auf für uns Menschen.
Bei einem Hund, der diesen Körperkontakt gerne mag, gibt man nun das Signal zur Entspannung und streichelt ihn anschließend. Ebenso können Halstuch, Decke und Duft wie bereits beschrieben vor dem direkten Entspannen ins Spiel gebracht und damit zu zusätzlich Signale werden. Auch hier gilt: je öfter, desto besser. Idealerweise gibt es keine entspannenden Streicheleinheiten mehr, ohne dem Hund vorher das Signal zur Entspannung zu geben.
Das ist keine neue Erfindung im Hundetraining. Konditionierte Entspannung wird seit Jahren in der Humanmedizin eingesetzt. Zum Beispiel in der Schmerztherapie oder der Verhaltenstherapie. Zum ersten Mal beschrieben ist sie 1958 nach Joseph Wolpe.
Einige ätherische Öle können dem Hund beim Entspannen helfen. Hierfür verdünnt man die Öle stark mit einem neutralen Öl wie bspw. Sojaöl. Das Verhältnis sollte mindestens 10:1 betragen: 10 Tropfen “normales” Öl als Basis und 1 Tropfen ätherisches Öl. Das Basisöl sollte im normalen Hausgebrauch nicht verwendet werden. Bitte verwenden Sie keine fertigen Duftmischungen, wenn nicht zu 100% deutlich ist, welche Öle und welche Zusatzstoffe enthalten sind. Hundenasen sind sehr empfindlich!
Von dieser Mischung gibt man wenige Tropfen auf einen Geruchsträger wie ein Halstuch oder eine Decke. Der Duft wird für den Hund zusätzlich ein geruchliches Entspannungssignal.
Beispiel für hilfreichen Geruch: Jasmin
Beispiel für hilfreichen Geruch: Zitrone
Beispiel für hilfreichen Geruch: Lavendel
Beispiel für hilfreichen Geruch: Kamille
Ute Blaschke-Berthold von CumCane – bei ihr habe ich dieses mächtige Werkzeug kennengelernt in Theorie und Praxis! Außerdem hat Sie den Text als “fachlich korrekt” abgenickt, wobei er natürlich viel zu kurz ist, um auf alle faszinierenden Aspekte des Themas einzugehen.
Außerdem ein großer Dank an Martina und Regine fürs Korrekturlesen und Verbessern!
Veröffentlicht am 11. Januar 2011 von Mirjam Aulbach, cavecani
Tausend Dank für den tollen Beitrag, Mirjam :-)